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Die aktuelle Situation ist der Super-GAU: Der Sohn oder die Tochter lebt in einer WG, überall ist das Virus und wir Eltern haben keinen Einfluss auf den Alltag.  Kann man sich darauf verlassen, dass das gut geht?

Katja Sengelmann vom Stammtisch hat mit Gerrit Gaidosch aus der inklusiven WG in Gießen gesprochen. Die WG besteht seit gut anderthalb Jahren. Hier wohnen aktuell 4  Menschen mit Unterstützungsbedarf und 5 ohne.

Gerrit,  wie ist die Situation in der WG?

Seit fast zwei Wochen sind alle zuhause: Wir Studierenden gehen nicht zur Uni und die anderen nicht zur Arbeit. Es kommen aber von außen noch Pflegekräfte für einen Mitbewohner mit E-Rolli und auch die haupt- und nebenamtlichen Unterstützenden sind regelmäßig da. Dass ein Zimmer frei ist, erleichtert die Situation. Das WG-Casting für einen neuen Mitbewohner oder Mitbewohnerin mit Unterstützungsbedarf haben wir erstmal verschoben.

Die Menschen mit Unterstützungsbedarf arbeiten nicht mehr und sind den ganzen Tag zuhause. Wie schafft Ihr die Betreuung?

Wir wollen alles möglichst in den gewohnten Strukturen lassen. Das ist besonders für die Mitbewohner*innen mit Unterstützungsbedarf wichtig, damit sie sich trotz der ungewohnten Situation etwas orientieren können und eine gewisse Normalität herrscht. Zum Beispiel startet der Morgendienst für uns MitbewohnerInnen erst um 7 statt um 6 und endet erst um 9 Uhr anstatt 8 Uhr. Dann kommen schon die Fachkräfte und nebenamtlichen Unterstützenden. Meistens sind das Studierende, die im Moment sowieso keine Uni haben, deshalb sind sie flexibel. Für die WG-Leitung ist das eine ganz schöne Puzzelei bei der Dienstplanung, aber bis jetzt geht es. Außerdem haben wir das Glück, dass auch einige Eltern unserer MitbewohnerInnen uns Hilfe angeboten haben.  Sie sind bisher noch nicht so stark durch die Folgen des Virus wie zum Beispiel  Kurzarbeit oder Kündigungen betroffen.  Es ist gut zu wissen, dass sie im Notfall für uns da sind.

Wie setzt Ihr Euch gegen das Virus zur Wehr?

Wir hatten bisher verschiedene Plena, wo uns die Fachkräfte über aktuelle Entwicklungen informiert haben und wir haben uns ausgetauscht, wie wir die folgenden Tage und Wochen organisieren möchten. Diese Plena dürfen aber in nächster Zeit nicht stattfinden aufgrund des Infektionsschutzes, weswegen wir eine separate Messenger -Gruppe mit allen unterstützenden Personen  zum Informationsaustausch eingerichtet haben. Wir arbeiten viel mit Metacom-Symbolen zum Thema Infektionsschutz und erinnern uns gegenseitig daran, zum Beispiel die Hände zu waschen. Mittlerweile gibt es außerdem auch viele Infos über den Virus in leichter Sprache. Wohn:Sinn hat dazu auch ein Video gemacht.

Eines der letzten Zoom-Meetings von Wohn:sinn Mitgliedern

Was macht Ihr, damit Euch die Decke nicht auf den Kopf fällt?

Wir haben viel Gesellschaftsspiele gespielt und gekocht. Neulich gab es zum ersten Mal selbstgemachtes Spaghettieis. Alles, was man sonst so machen kann wie: Kino, Ausflüge, Schwimmen fällt ja jetzt flach. Wir wollen jetzt Liegengebliebenes erledigen: Zum Beispiel endlich mal Bilder an die Wände hängen…. Bestimmt nutzen wir bei schönem Wetter auch unsere riesige Terrasse, die wir ganz nebenbei auch wieder für den Sommer schön machen.

Bis jetzt fällt uns die Decke nicht auf den Kopf. Aber wer weiß, wie es in drei Wochen aussieht. Es kann auch sein, dass einzelne Mitbewohner*innen noch zu ihren Eltern fahren, da es bei uns schwer ist, den Alltag ohne externe Menschen, die nicht in der WG wohnen, zu stemmen. Tobias Polsfuß von Wohn:Sinn hatte die Idee, dass die inklusiven WGs deutschlandweit sich per Video – Konferenzschaltung zusammentun. Da kann man bestimmt gute Tipps austauschen und etwas gegen den WG-Koller tun.

Bleibt zuhause, haltet Abstand, wenn Ihr draußen seid, und wascht Euch die Hände. Gute Gesundheit!

-> Wohnsinn